Dass B2B-E-Commerce nicht “The Next Big Thing”, sondern eher “The Thing” ist, zeigte sich auch auf dem Digital Commerce Day 2017 in Hamburg. Der B2B-Slot am Morgen lastete die Räumlichkeit zu etwa 110% aus.
Zunächst einmal würde ich gerne noch ein großes Lob an das Organisationsteam des DCD aussprechen, die Qualität der Vorträge war sehr hoch, Location passend und natürlich mit der Aussicht aus dem 23. Stock des Emporio Hambug beeindruckend.
Neben Digitalisierung und der Marktplatzökonomie widmete Kurator Alexander Graf dem Thema B2B einen eigenen Slot. Geladen waren mit Zoro Europe, WUCATO und Contorion mit die spannendsten Projekte derzeit im deutschsprachigen B2B E-Commerce.
Corporate Startup & Konzerndenken – Kann das funktionieren?
Die Beispiele Zoro und WUCATO repräsentierten die Ansätze, mit denen Konzerne (Grainger mit Zoro und Würth mit WUCATO) versuchen, auf den E-Commerce zu reagieren. Spezialisierte Tochterunternehmen/Units, die Start-Up-Charakter versprühen und sich so etwas von der innovationsbremsenden Konzernkultur lösen. Dabei versteht es sich von selbst, dass beide Unternehmen nicht komplett von der Unternehmenspolitik der Konzernmutter verschont bleiben und auch hier an vielen Stellen Rücksicht nehmen müssen. Die Aussagen von Philipp Lüders (VP Sales & Operations Zoro Tools Europe GmbH) und Johannes Keller (Geschäftsführer WUCATO Marketplace GmbH) zeigten dabei einen klaren Blick für die Realität, klangen aber an vielen Stellen viel selbstbewusster hinsichtlich eines Wachstums und einer offensiveren Ausrichtung ihrer Plattformen als dies bei früheren „halbgaren“ E-Commerce-Lösungen der Fall war. Die „politische“ Dimension einer Konfrontation mit den Händlern hat man dabei weiter im Bewusstsein, dies wird aber nicht mehr als Grund für mangelnde Maßnahmen gesehen.
Die Marschrichtung ist also klar: E-Commerce wird über kurz oder lang zum dominierenden Kanal der Distribution sowohl an Händler als auch im Direktvertrieb. Die Frage ist also nicht mehr ob, sondern nur noch wann es dazu kommt. Die Zahlen von Grainger lassen sich auch heute schon durchaus sehen (>1 Mrd. Digitaler Umsatz). Das digitale Business ist bei Granger der klare Wachstumstreiber, während das stationäre Geschäft seit geraumer Zeit stagniert. Dass Online die Margen kleiner sind, wird dort akzeptiert, aber nicht als Ausrede für ein Vernachlässigen oder gar Verzicht auf E-Commerce gewertet.
Contorion im Wandel zum digitalen Fachhändler
Contorion präsentierte sich anschließend als ein anderes Konzept der B2B E-Commerce-Welt. Contorion sieht sich nicht mehr als Marktplatz, sondern als digitaler Fachhändler. Dies brachte das Publikum (vermutlich größtenteils aufmerksame Leser von DCD-Veranstalter Alexander Graf) zu einigen kritischen Nachfragen („Handel? Welcher Handel?“). Dies ist auch nachvollziehbar, dennoch sehe ich das Contorion-Konzept als erfolgsversprechend an. Mit einem Fokus auf digitaler Kompetenz (>50% der Mitarbeiter weisen in IT, Online Marketing oder verwandten Disziplinen eine digitale DNA auf), Sortimentstiefe und Branchenexperten versucht Contorion das Beste aus der alten und neuen Welt zu verbinden. Das Ambitionslevel ist sehr hoch, so dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass hier das „Zalando des B2B-Business“ (Quelle: Ungefähr jede Wirtschaftspublikation in den letzten Monaten) heranwächst.
Wo geht die Reise hin?
Alle drei Projekte haben die Chance, sich als einer der zentralen Anlaufstellen und eine Art Category Leader für Ihren jeweiligen Ansatz zu positionieren. Spannend zu beobachten, wo sich WUCATO, Zoro und Contorion bis zum nächsten und vor allem dem DCD 2020 entwickeln werden.
Bild: Alexander Graf (@supergraf, Twitter)
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