Wie rückständig Deutschland in Sachen freiem WLAN, vielleicht auch teilweise in der digitalen Transformation per se, noch ist, wurde mir erst vor wenigen Wochen wieder so richtig bewusst. In meinem Sommerurlaub war ich mit dem Wohnmobil in Norwegen unterwegs. Auf der Tour durch die Fjorde und Fjelle dieses beeindruckenden Landes war ich nicht nur völlig überrascht, derart viele Teslas zu sehen (und das nicht nur in den Ballungszentren wie Oslo und Bergen, auch überall in den entlegensten Ortschaften). Es gab auch nahezu überall öffentliche WLAN-Hotspots. Sogar in vielen Provinzsupermärkten. In dem Wissen, dass Norwegen ein extrem fortschrittliches Land ist, hatte ich mich dennoch vor allem auf Highlights in Sachen überwältigender Natur eingestellt. Hinterher kann ich resümieren, dass es auch ein Highlight in Sachen Innovationfähigkeit/ Innovationsbereitschaft war.
Tesla, Tesla, Volvo, Tesla…
Ob Campingplatz, Café, Fährhafen oder eben Supermarkt – nahezu überall war es möglich, WLAN zu nutzen. Insbesondere mit der großen Verbreitung von Whatsapp oder Snapchat hat man in Norwegen wohl die Zeichen der Zeit erkannt und dementsprechend gehandelt. Eine gewisse Ernüchterung trat bei mir ein, als ich wieder in Deutschland war. Vor allem auch, als sich der Tesla, den ich auf der A7 auf der Höhe Kiel sah, als Fahrzeug mit norwegischem Kennzeichen entpuppte. Allgemein sind Elektroautos in Norwegen der Renner. Viele Dienstfahrzeuge von Kommunen sind Elektroflitzer, wie beispielsweise E-Golf oder Nissan Leaf, und auch das Netz an Ladestationen ist sehr dicht ausgebaut.
Der Grund für die große Verbreitung liegt aber insbesondere an dem Direktförderprogramm der norwegischen Regierung. Für die ersten 50.000 neu zugelassenen E-Fahrzeuge entfiel die Mehrwertsteuer in Höhe von 25% und die einmalige Registrierungssteuer, die bei Luxuskarossen extrem teuer ist. Weitere Privilegien wie das Fahren auf Busspuren oder keine Autobahngebühren bezahlen zu müssen, hat Norwegen zu einem Land mit dem weltweit meisten Elektroautos in Relation zur Einwohnerzahl werden lassen, wodurch es wohl auch seine gesteckten Klimaziele erreichen wird. Würden diese Privilegien wegfallen, würde der Absatz von Elektroautos wahrscheinlich einbrechen, da die Steuern in Norwegen sehr hoch sind.
Änderung des Telemediengesetzes (TMG)
Seit Mai 2016 gibt es auch in Deutschland eine Förderung von Elektroautos. Es wird sich zeigen, wie dieses Angebot angenommen wird. Ob wirklich 4.000 Euro Prämie reichen, damit man sich einen Tesla für rund 100.000 kauft? Abwarten! Auch der Ausbau von Ladestationen soll mit 300 Millionen Euro gefördert werden. Was das WLAN betrifft, könnte die Hürde in Deutschland jetzt auch gefallen sein. Vor ein paar Wochen beschloss der Bundestag eine Gesetzesänderung des Telemediengesetzes. Das Gesetz könnte schon ab September dieses Jahres in Kraft treten und sieht vor, dass Anbieter von WLAN-Hotspots wie Cafés, Flughäfen oder an anderen öffentlichen Orten zukünftig nicht mehr haftbar für Rechtsverstöße ihrer Kunden und Nutzer sind. Bedeutet das jetzt den Durchbruch für flächendeckende WLAN-Hotspots in Deutschland?
Bisher ist Deutschland ja eher ein Entwicklungsland, wenn es um dieses Thema geht. Eine Studie des Industrieverbandes eco aus dem letzten Jahr bestätigte mit Zahlen, was man eigentlich schon im Gefühl hatte. In Good Old Germany kamen 2015 nicht mal zwei Hotspots auf 10.000 Einwohner. Schlechter geht das nur noch in Japan, Russland und China. In Stockholm, Paris, Helsinki, San Francisco oder sogar Tallinn ist frei verfügbares WLAN in öffentlichen Parks, Flaniermeilen und in Cafés dagegen längst Alltag. So auch in norwegischen Städten. Berlin war dagegen lange eine WLAN-Wüste. Erst Anfang Juni 2016 wurden die ersten 100 öffentlichen Hotspots von geplanten 650 freigeschaltet. Bei dreieinhalb Millionen Einwohnern dürfte das allerdings auch noch ausbaufähig sein. In Karlsruhe wurde ein flächendeckendes WLAN-Projekt vor rund zwei Jahren gestartet. An zahlreichen Standorten in der Innenstadt und in zwei VBK-Bahnen stehen öffentliche Hotspots bereit, die datenarm und niederschwellig programmiert wurden, um Missbrauch zu vermeiden. Es ist also nicht alles schlecht.
Gibt´s jetzt bei uns auch mehr freies WLAN?
Es gibt einem doch des Öfteren Rätsel auf, warum in Deutschland manche Entwicklungen etwas länger dauern als in anderen Ländern. Auf der einen Seite geht es natürlich um den Datenschutz, auf der anderen Seite dürfen Digitalisierungsprozesse in einem Land, das sich als Innovationsstandort begreift, nicht verschlafen werden. Diese Probleme haben längst gesellschaftspolitische Dimensionen erreicht. Ich bin gespannt, was die angesprochene Gesetzesänderung bewirken wird. Vielleicht ist aber auch schon das nächste Problem absehbar. Mit Großprojekten scheint Deutschland ja in letzter Zeit etwas mehr Probleme zu haben, als gedacht…
(Titelbildquelle: StNewton/Shutterstock)
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