Sich von der Masse abgrenzen, differenzieren und auffallen ist wichtig für jeden Shop. Doch wie können Sie im E-Commerce erreichen, dass potenzielle Kunden auf Sie und nicht auf die Konkurrenz aufmerksam werden und bei Ihnen kaufen? Dies ist vor allem durch Differenzierung und Abgrenzung zu Ihren Konkurrenten möglich. Das gelingt im E-Commerce durch eine ausgeklügelte Verkaufsstrategie, beispielsweise gekoppelt mit dem Content Commerce. In diesem Beitrag stellen wir verschiedene Differenzierungsmerkmale vor, mit welchen Sie den Kampf um die Kunden gewinnen.
Schlechte Differenzierungsmerkmale – Preis und Sortiment
Sie glauben, dass eine Differenzierung im E-Commerce nur über den Preis oder das Sortiment möglich sei? Dann haben Sie Glück – denn diese Vorstellung ist falsch. Demnach besteht für Sie und Ihren Shop ein großes Optimierungspotenzial.
Der Preis sollte in der Regel nicht Ihr alleiniges Differenzierungsmerkmal sein. Denn der Preis wird meist von anderen Anbietern unterboten. Beispielsweise durch Aktionen oder aufgrund von günstigeren Einkaufspreisen durch größere Stückzahlen. Zudem sorgt die Preistransparenz durch Vergleichsportale dafür, dass die Kunden das günstigste Produkt finden und dann nicht bei Ihnen, sondern bei der günstigeren Konkurrenz kaufen. Somit ist es schwierig und riskant sich über den Preis abheben zu wollen.
Ein ähnliches Problem steckt hinter dem Differenzierungsmerkmal des Sortiments. Dieses kann oft von Marktplätzen, wie z.B. Amazon übertroffen werden. Gerade produzierende Gewerbe können solch ein Sortiment nicht aufbauen und müssten zusätzlich Produkte anderer Marken in ihrem Online-Shop anbieten. In Ausnahmefällen kann das Sortiment zwar als Differenzierungsmerkmal betrachtet werden, meist ist dies jedoch nicht sinnvoll.
Content Commerce – Die Basis zur Differenzierung
Aber wie sonst können Sie sich von der Konkurrenz differenzieren? Elementar ist, dass Sie langfristig in eine starke Marke / Online-Shop investieren und den Kunden daran binden. Eine Möglichkeit ist es, auf den Content Commerce zu setzen.
Beim Content Commerce wird im Online-Shop bestimmter Inhalt (Content) ausgespielt, welcher den Kunden bereichert, informiert, inspiriert oder amüsiert. Die E-Commerce-Website übernimmt so die Aufgabe des Verkäufers, des Beraters, eines Vertrauten oder eines Influencers.
Indem dem Kunden ein Mehrwert durch Content geboten wird, fühlt sich der Kunde verstanden, baut Vertrauen auf (Unternehmen tritt als Experte auf) und das Interesse am Unternehmen und den Produkten wächst. Die Zufriedenheit und die Verweildauer des Kunden können durch guten Content erhöht werden und die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs steigt. Dadurch steigt auch die Chance eines Wiederkehrens und der Weiterempfehlung. Somit ist ein weiterer positiver Effekt des Content Commerce die Neukundengewinnung, beispielsweise durch das Teilen des Contents in sozialen Netzwerken.
Zudem können wechselbereite Kunden zu markentreuen Kunden konvertiert werden. Diese sind bereit mehr zu bezahlen, wodurch das vermeintliche Differenzierungsmerkmal „Preis“ nochmals entkräftet wird. Außerdem steigt die Suchmaschinen-Sichtbarkeit.
Beispiele für guten Content sind eigene Magazine/Blogs, Rezepte, DIY-Anleitungen, Pflegehinweise, Reisetipps oder auch ein Produkt-Berater.
Wie kann der Content Commerce aber konkret in eine Verkaufsstrategie umgesetzt werden? Hierfür sind die Differenzierungsmerkmale „Erlebnisorientiertheit“ und „Lösungsorientiertheit“ besonders gut geeignet.
Differenzierungsmerkmal – Erlebnisorientiertheit
Beim erlebnisorientierten Ansatz sollen das Produkt und der Einkaufsprozess erlebbar gemacht werden. Durch eine emotionale Kundenansprache, gekoppelt mit Informationen, wird bereits das Einkaufen zu einem Erlebnis (Shopping-Event). Grundlage dafür ist eine gute Benutzerfreundlichkeit und User-Experience.
Ziel ist, durch entsprechenden Content, die eigene Website mit Emotionen und Gefühlen aufzuladen, welche sich positiv auf die Wahrnehmung auswirken. Beispielsweise kann eine Wohlfühl-Atmosphäre geschaffen werden, in welcher der Kunde seine positiven Gefühle auf die Produkte überträgt. Es können Abenteuer und Erlebnisse beworben werden, welche in direktem Zusammenhang mit den Produkten stehen. Oder es wird suggeriert, dass es attraktiv, angesagt oder cool sei, in dem Shop einzukaufen oder die Produkte zu besitzen.
Die Formel lautet demnach:
Erlebnis/Emotionen + Informationen = Kauf des Produkts
Ein gutes Beispiel bieten VAUDE oder Bergfreunde (zur Case Study). Dort steht das Erleben von Abenteuern im Vordergrund. Durch Blogbeiträge können sich Kunden inspirieren lassen und bekommen das Gefühl vermittelt, durch den Kauf der Produkte von VAUDE oder im Shop von Bergfreunde, ähnliche Abenteuer zu erleben. Zudem steigt durch den Blog die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden die Seite häufiger besuchen und somit auch die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs.
Das Differenzierungsmerkmal „Erlebnisorientiertheit“ ist besonders effektiv: Neuste Erkenntnisse aus der Hirnforschung ergaben, dass Entscheidungen zunächst auf Basis von Gefühlen, im Unterbewusstsein getroffen werden und diese anschließend nur noch rational durch Informationen gegründet wird.
Dieser Ansatz lässt sich beliebig skalieren und bei kleinen sowie bei großen Sortimenten anwenden. Bei einem kleinen Produkt-Portfolio ist es sinnvoll den Content spezifisch auf die einzelnen Produkte anzupassen. Bei größeren Portfolios ist dies in Anbetracht des Aufwandes nicht immer möglich. In diesem Fall kann die Marke / Website allgemein als erlebnisorientiert dargestellt werden, wie im Beispiel erläutert.
Wenn Sie Ihre Produkte online und offline verkaufen, ist es besonders wichtig, dass beide Welten (online und offline) aufeinander abgestimmt sind. Nur so kann dem Kunden ein einheitliches Einkaufserlebnis geboten werden.
Differenzierungsmerkmal – Lösungsorientiertheit
Beim lösungsorientierten Ansatz werden nicht die Produkte und dessen Features beworben, sondern wie der Kunde ein für ihn existierendes Problem lösen kann und welcher positive Effekt für diesen dadurch eintritt. Der Kunde kauft letztendlich nicht das Produkt, sondern die Lösung. Dabei wird die Problem-Lösung in einen konkreten Anwendungsfall verpackt, was z.B. durch Storytelling erreicht werden kann.
Die Formel lautet:
Anwendungsfall/Problem + Lösung = Kauf des Produkts
Ein Beispiel hierfür bietet HIPP. Frisch gebackene Eltern stehen vor einem konkreten Problem (z.B. wie soll ich mein Baby wickeln?), welches HIPP durch einen Ratgeber löst. Darin werden Tipps gegeben und zudem die Produkte, welche das Problem beheben, angeboten.
Zudem erfolgt die Produktbeschreibung ebenfalls lösungsorientiert: Niemand kauf Windeln, weil diese 2x mehr Flüssigkeit aufnehmen als andere, sondern weil sich das Baby dadurch länger wohlfühlt, glücklich ist, was wiederum mehr Entspannung für die Eltern bedeutet. Probleme oder Zweifel werden nicht durch bloße Fakten, sondern durch Lösungen behoben, wie z.B. „Hält zuverlässig trocken“ oder „Praktischer Nässe-Indikator: einfach wissen, wann es Zeit ist die Windel zu wechseln.“
Ein noch größeres Differenzierungspotenzial besteht, wenn die Produkte mit passenden Services (z.B. Lieferung, Montage, Wartung) ergänzt werden. Beispielsweise bietet KÖMPF in deren Shop Mein-Gartenshop24.de nicht nur Garten-Artikel, sondern einen eigenen Montage- und Lieferservice (zur Case Study).
Dieser Ansatz ist vor allem für technische, beratungsintensive oder höherpreisige Produkte sowie Nischen-Produkte zu empfehlen.
Der Nachteil besteht darin, dass die Erstellung von relevantem Content sehr aufwendig ist. Neben den Produktinformationen muss jeweils ein Anwendungsfall/Problem sowie dessen Lösung beschrieben werden.
Weitere Differenzierungsmerkmale
Neben den Differenzierungsmerkmalen der „Erlebnisorientiertheit“ und der „Lösungsorientiertheit“ gibt es noch einige andere Ansätze.
Ein Ansatz bietet das Customizing. Dabei können Kunden die Produkte nach ihren Bedürfnissen anpassen und individualisieren. Meist wird dafür ein Produkt-Konfigurator verwendet, wie beispielsweise bei Nike ID. Dieser Ansatz ist jedoch nur für Produkte geeignet, welche individualisierbar sind.
Damit verwandt ist das Curated Shopping. Hier erhält der Kunde eine Online-Beratung, ähnlich zu einem Beratungsgespräch in einem Geschäft. Der Kunde beantwortet auf der Website einige Fragen, beispielsweise zu seiner Größe und seinem Stil. Daraufhin stellt ein Berater Produkte zusammen, welche speziell auf den Kunden zugeschnitten sind. Dieser Ansatz ist vor allem in der Modebranche anzutreffen, z.B. Outfittery.
Zuletzt bietet das Social Shopping die Möglichkeit, Social Communites verstärkt als Vertriebskanal einzusetzen. Die Mitglieder tauschen sich dabei in Social Communities (z.B. Pinterest) über Produkte aus und bewerten diese. Dieser Ansatz spielt zwar aktuell eher eine untergeordnete Rolle, ist für die Zukunft aber nicht außer Acht zu lassen.
Diese unterschiedlichen Ansätze lassen sich selbstverständlich miteinander kombinieren. So können Sie Ihre Strategie perfekt auf Ihre Produktpalette abstimmen und das Beste für sich herausziehen.
Differenzierung erreichen – Vorgehen
Zunächst müssen Sie sich überlegen: Löst Ihr Produkt hauptsächlich ein Problem (z.B. Flecken-Entferner) oder ist es nur „nice to have“, wie z.B. ein neues paar Schuhe? Darauf aufbauend lässt sich entscheiden, ob der erlebnisorientierte oder der lösungsorientierte Ansatz geeigneter ist. Selbstverständlich ist es durch ausreichend Kreativität möglich, auf den ersten Blick lösungsorientiert anmutende Produkte auch erlebnisorientiert zu präsentieren. Dies ist beispielsweise bei Hornbach der Fall. Hier wurde der erlebnisorientierte Ansatz dem lösungsorientierten vorgezogen, obwohl eine Bohrmaschine auf den ersten Blick eher ein Problem (Wie bekomme ich ein Loch in die Wand?) löst, als Begeisterungsstürme auslöst.
Zudem müssen Sie sich Gedanken über die Breite Ihrer Produktpalette machen. Nicht jeder Ansatz ist für jedes Sortiment geeignet. Aber mit guten Ideen und Kombination der unterschiedlichen Ansätze, lässt sich eine optimale Strategie für Ihre Anforderungen entwickeln.
Setzen wir dieses Wissen in einem konkreten Beispiel ein: Nehmen wir an Sie wollen Trinkflaschen über Ihren Online-Shop vertreiben. Welchen Ansatz würden Sie wählen? Sicher wird mit einer Trinkflasche ein Problem gelöst (Flüssigkeit zu transportieren, um den Durst überall löschen zu können) aber welche Flasche löst das nicht? Der lösungsorientierte Ansatz wäre hier demnach weniger gut geeignet. Besser wäre es, das Produkt emotional aufzuladen und zu suggerieren, dass es cool und angesagt wäre, diese Flasche zu besitzen. Dieses Gefühl muss auf der Website transportiert werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist SIGG. Der Aluminiumflaschen-Produzent versteht seine Produkte als „Statement“ und verknüpft diese mit Erlebnissen, welche „gemeinsam mit den Produkten“ oder auch „durch die Produkte“ erlebt werden können. Anhand dieses Beispiels ist besonders gut zu sehen, wie nicht nur die Marke, sondern auch die einzelnen Produkte erlebnisorientiert dargestellt werden können.
Anschließend müssen Sie zur Differenzierungs-Strategie passenden Content produzieren. Hierfür ist es notwendig Ihre Zielgruppe genau zu analysieren, um zu wissen was Ihrer Zielgruppe gefällt und anspricht. Im Beispiel von SIGG wären das Personen im Alter von 20 – 40, welche aktiv, nachhaltig sowie qualitäts- und stilbewusst sind.
Das Erstellen des Contents kann mitunter sehr aufwendig sein, da z.B. eigene Bildwelten entworfen, neue Texte geschrieben oder sich Probleme und die Problem-Lösung durch das Produkt ausgedacht werden müssen. Bei Shops mit breitem Sortiment oder sehr unterschiedlichen Produkten kann es sinnvoll sein, dieses in Produkt-Welten aufzuteilen und jeweils dafür eigenen Content zu erstellen.
Vor allem beim erlebnisorientierten Ansatz ist es zudem wichtig, dass Sie großen Wert auf die User Experience des Shops legen.
Um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, müssen die Inhalte kontinuierlich angepasst und kreative Ideen umgesetzt werden.
Es lohnt sich
Auch wenn dieser Weg auf den ersten Blick sehr aufwendig erscheint, stellt dieses Vorgehen eine hervorragende Möglichkeit dar, sich von der Konkurrenz zu differenzieren. Wer diesen Weg geht, legt sich ein besonders schönes Federkleid zu und gewinnt so den Kampf um die Kunden – es lohnt sich!
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