Internationalisierung ist eines der brandaktuellen Themen im E-Commerce, verspricht doch die Expansion ins Ausland neue Absatzchancen und Umsatzsteigerungen. Jetzt kommt das ABER: Es gibt zahlreiche Fallgruben, die es zu bedenken gilt und die leicht übersehen werden können. Ein Beispiel dafür sind sprachliche und kulturelle Aspekte, die bei der Gestaltung des Online Shops für ein anderes Zielland oder einen anderen Kulturkreis ungeahnte Problemstellungen aufwerfen können. Nach den Vorträgen von Michael Türk (Head of E-Commerce bei Flagbit) in New York und Madrid zum Thema „Internationalisierung“ möchten wir dazu in einer Blogreihe eingehender Stellung nehmen. Hier ein paar Tipps und Anregungen zum Aspekt „Sprache“, die man für eine erfolgreiche Internationalisierung beachten sollte.
Investitionen in eine nachhaltige Strategie und eine professionelle Umsetzung müssen getätigt werden, um erfolgreich zu sein und neue Märkte und Zielgruppen zu erschließen – das ist natürlich nichts, was man zum ersten Mal hört. Aber klar ist auch, dass man mit einer 08/15-Übersetzung Gefahr läuft, seine Glaubwürdigkeit bei den möglichen Kunden im Zielland zu verspielen. Mit einer simplen Wort-für-Wortübersetzung ist es einfach nicht getan, denn Sprache beeinflusst maßgeblich die Usability, die Conversion Rate und die gesamte Customer Journey. Die Sprache des Shops ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel, um mit dem Kunden in Kontakt zu treten. Hier darf nicht gespart werden.
Going global ain’t easy
Oft sind es die kleinen Dinge, die eine große Wirkung haben. Möchte ich meine Produkte in England oder in den USA anbieten, dann muss meine Webseite auch die englische Sprache sprechen können. Es liegt ja auch nahe ins englischsprachige Ausland zu expandieren, immerhin ist Englisch Weltsprache Nummer 1 und Hauptsprache in 29 Ländern. Soweit so gut und sollte auf den ersten Blick auch nicht allzu schwer sein. Vielleicht traut sich manch einer auch zu, die Übersetzung selbst und ohne Fachpersonal zu übernehmen. Von der Idee sollte er aber bitte Abstand nehmen.
Was auf keinen Fall unterschätzt werden sollte, ist die Tatsache, dass zwar viele Länder die vermeintlich selbe Landessprache sprechen, die Semantik und Orthographie aber zahlreiche Abweichungen aufweisen können. Ein Beispiel dafür ist eben Englisch, und Englisch ist nicht gleich Englisch: Spricht der Amerikaner beispielsweise von „thong“ hat er etwas komplett anderes im Sinn als der Australier. In den USA gehört der „thong“ in den Bereich erotischer Damenunterwäsche, während man in Down Under damit seine Flip Flops meint. Als Online Shop für Fashionartikel sollte man sich diesen Schnitzer nicht erlauben.
Solche Beispiele gibt es zu Hauf, auch im Spanischen, Portugiesischen und all den Sprachen, die in mehreren Ländern als Amtssprache gesprochen werden. Auch Schweizerdeutsch unterscheidet sich nicht nur durch die Aussprache. Die Schweizer benutzen beispielsweise nie „ß“ stattdessen das „Doppel-s“. Wenn also solche Herausforderungen schon in einer Sprache existieren, ist es auf alle Fälle ratsam, sich von Beginn an die Dienste von Muttersprachlern zu sichern.
Nomen est omen?
Unglückliche Namensgebungen von Marken und Produkten sind nicht erst seit dem VW Phaeton bekannt. Man hätte als VW-Verantwortliche durchaus darauf kommen können, dass man eine
Luxuslimousine nicht nach dem Unglücksraben nennen sollte, der laut den griechischen Mythen mit dem Sonnenwagen seines Vaters Helios abstürzt. Tückisch wird es aber, wenn der Name im eigenen Land völlig harmlos ist, aber in einem oder mehreren Zielländern eine völlig unterschiedliche Bedeutung hat.
Bleiben wir kurz beim Beispiel Auto: Der Mitsubishi Pajero musste in den spanischsprachigen Ländern zu Montero umgetauft werden, da „pajero“ im Spanischen ein unschönes Schimpfwort ist. Peinlich wird es auch, wenn der Produktname in einem Land völlig anders ausgesprochen wird und dadurch eine unschöne Bedeutung erhält. Wer als Franzose den Toyota MR2 fährt, der sitzt quasi in der „Schei…e“, denn spricht man es französisch aus, dann wird aus MR2 schnell „merde“! Gut, diese Beispiele betrafen nur ein spezielles Produkt eines Unternehmens.
Schwierig wird es, wenn der Name der Marke oder der Firma im Ausland eine völlig obszöne Bedeutung hat. Beispiel gefällig? WIX. Die israelische Firma bietet Webseiten zum Eigenbau an. Das Problem ist wohl auch selbsterklärend. Interessant ist aber vor allem wie WIX damit umgeht. Mit „Mach‘s dir selbst, sei ein WIXER“ oder „Wenn meine Freundin eingeschlafen ist, dann WIXE ich“ ging das Unternehmen in die Offensive auf Youtube und im TV. Zumindest eine humorvolle Kampagne.
Unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Längen
Englisch kommt im Vergleich zu Deutsch bei der Abbildung der gleichen Inhalte mit deutlich weniger Zeichen aus. Das ist eine nicht unwesentliche Tatsache, die das Layout der Webseite vor gewaltige Probleme stellen kann. Die Tabelle zeigt, wie sich die Länge eines einzigen Wortes bei der Übersetzung in eine andere Sprache verändert. Das hat nicht nur Auswirkungen auf Produkt- oder Informationstexte, sondern auch auf das Layout der Menüleiste. Da kann es dann durchaus vorkommen, dass eine Kategorie wegen der mehr benötigten Zeichen nicht mehr dazu passt. Hier heißt es, entweder kluge Übersetzungen zu wählen oder das Layout dementsprechend anzupassen.
Empfehlungen
Wer den Schritt zur Internationalisierung wagt, der sollte vor allem bei der Übersetzung in Muttersprachler investieren – und zwar für jedes einzelne Zielland. Sie kennen die Sprache und die Gewohnheiten ihres Landes. Sie sollten es auch sein, die die Seite vor dem Launch überprüfen, um alle Eventualitäten auszuschließen. Fehlende Expertise und zu wenige Ressourcen sind viel zu oft Gründe für erfolglose Internationalisierung. Es lässt sich vermeiden.
(Bildquelle: Shutterstock)
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