Online Pure Player drängen in den stationären Handel

von | Dez 9, 2015 | E-Commerce Forum Karlsruhe, E-Commerce Marketing, Usability | 0 Kommentare

Omnichannel bedeutet nicht nur, dass stationäre Geschäfte ihren Vertrieb über online und mobile erweitern. Auch das umgekehrte Modell ist schon lange keine Seltenheit mehr. Die Online Pure Player konnten mittlerweile feststellen, wie wertvoll ein lokales Geschäft für den Vertrieb sein kann. Kein Wunder, dass also Unternehmen wie Mymuesli.de, Fashion4home oder Notebooksbilliger.de und zahlreiche weitere ihren Vertrieb auch auf stationäre Läden ausgeweitet haben.  Jetzt denkt auch Amazon über die Öffnung eines Buchladens in Berlin nach.

Kostenintensive Neukundenakquise, wenig loyale Kundschaft und geringe Margen – der Online-Handel sieht sich aufgrund der wachsenden Konkurrenz vor zunehmend größeren Herausforderungen. Einige Unternehmen steuern bereits dagegen und haben erkannt, dass die Kombination aus online und offline viel erfolgsversprechender ist als der reine Onlinevertrieb. Seit der Eröffnung ihres ersten Stores in Passau 2009 ist die Offline-Präsenz von Mymuesli auf insgesamt 22 Filialen in Deutschland und Österreich gewachsen. Mymuesli-Mitgründer Max Wittrock äußerte sich gegenüber der Internetworld, dass die Läden ein wichtiger zusätzlicher Kanal vor allem für die Neukundengewinnung sind, weil das Unternehmen in stark frequentierten Lagen Präsenz zeigt. Damit erreicht man auch Kunden, die man online vielleicht nicht erreicht hätte und hat zudem mit dem stationären Geschäft auch noch einen wichtigen Vorteil auf seiner Seite: Ein lokales Geschäft erhöht die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens und somit auch des Online-Kanals.

Big Data am POS

Verbraucher und Händler erhalten damit eine wertvolle Option, sich noch besser und direkter kennenzulernen. Zwar fallen hohe Kosten für Mieten in Innenstadtlage, exklusive Dekorationen und technische Ausstattung an, aber auch der Online-Traffic ist längst eine teure Angelegenheit. Außerdem lassen sich am POS weitere Daten über das Kaufverhalten der Kunden generieren, die wie pures Gold für Marketing und Vertrieb  sein können. Daraus können wiederum gezieltere Kampagnen und personalisierte Empfehlungen geschalten werden, sodass die Kosten wiederum reduziert werden können und den einzelnen Kunden einen noch individuelleren Service zu bieten.

Auch Möbelanbieter Fashion4home profitiert von seinen mittlerweile sieben Showrooms. Kaufen können die Kunden im Showroom zwar nicht direkt, aber ihnen stehen fachkundige Einrichtungsberater zur Seite, die dabei unterstützen die Ware für die Kunden fassbar zu machen. Über Online-Terminals vor Ort lassen sich die Artikel dann bestellen. Das Resultat sind laut Gründer Marc Appelhoff nicht nur mehr Conversions sondern auch viel höhere Warenkörbe als durch den reinen Online-Vertrieb.  Das IFH Köln hat errechnet, dass Online-Händler bisher 100 Läden in Deutschland eröffnet hätten und in fünf Jahren soll die Anzahl der lokalen Stores laut Berechnung sogar bei 2000 liegen.

Amazon in der Fußgängerzone?

Jetzt möchte also Amazon nachziehen. Die erste Buchhandlung am Heimatstadtort Seattle wurde bereits letzten Monat eröffnet. Jetzt denkt der E-Commerce Gigant auch an einen Laden in Berlin nach, wie der Berliner Tagesspiegel berichtet. Ein stationäre Buchladen hat den Vorteil, dass die Kunden viel mehr zum Stöbern und Schmökern verleitet werden können, während sie dagegen den Online Shop viel schneller verlassen würden. Die Eröffnung eines Buchladens wird nicht nur bloßes Präsenzzeigen bleiben. Der Grund, warum Amazon den Markt beherrscht, ist unter anderem seine Vertrauenswürdigkeit. Die Leute wissen, dass sie bei Amazon ihre Waren auch bekommen. Ein Buchladen in Berlin würde diesen Trust-Effekt wohl noch verstärken. Schon die Neugier, einmal in einer Amazonfiliale einzukaufen, würde nicht nur Bestandskunden in den Laden führen. In Seattle basiert die Auswahl der Bücher auf der riesigen Menge von Bewertungen und Rezensionen, die Amazon von seinen Kunden gesammelt hat. Amazon setzt dabei sein Recommendation-Modell nach dem Motto „Das könnte Sie auch interessieren“ konsequent im Store durch. Statt Empfehlungen von den Buchhändlern einzuholen, können die Kunden im Bookstore echte Kundenmeinungen auf Schildern direkt an den Bücherregalen  lesen. Wenn dann das gewünschte Buch nicht in der Filiale zu kaufen ist, man es sich aber noch am gleichen Tag nach Hause schicken lassen kann, wird das für viele Bücherfreunde sicherlich ein Argument sein, den Store öfter zu frequentieren.

Der Trend geht zum Commerce ohne „e“

Der Schritt zur Eröffnung von stationären Geschäften stellt Online Pure Player vor ganze neue Herausforderungen. Ladenausstattung, professionelle Warenpräsentation, direkter Kundenkontakt und persönliche Beratung statt Produktbeschreibungen mögen da für viele wohl noch Neuland sein. Investitionen in den Ausbau der IT-Infrastruktur und in qualifizierte Mitarbeiter für den Vertrieb und Verkauf sind notwendig, wenn man den omni-optionalen Kunden auch zukünftig an sich binden möchte. Laut einer Studie von Google informieren sich über 38 Prozent aller Offline-Käufer im Internet über das gewünschte Produkt, das heißt zwar, dass die Kaufentscheidung schon vor Betreten des Laden mehr oder weniger gefallen ist, viele Verbraucher aber immer noch das Bedürfnis verspüren, den Artikel vor Ort zu erleben. Für viele Verbraucher ist diese Verschränkung aus on- und offline bereits Alltag. Warum sollte man da als Online-Händler nur zur Informationsquelle degradiert werden. Des Weiteren sind Entertainment und Abschalten vom Alltag für viele Verbraucher wesentliche Bestandteile beim Einkaufen und sollten nicht unterschätzt werden. Das hat auch Amazon erkannt.

(Bildquelle: SEASTOCK/Shutterstock)

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