Die Krise rund um Corona / Covid19 hat uns alle ziemlich kalt erwischt. Doch während einige sehr gut mit den Einschränkungen zurecht kommen, leiden andere extrem unter den massiven Veränderungen. Im Hinblick auf den Handel zeigt sich die Krise als Brandbeschleuniger des sogenannten Channelshifts, also der Verlagerung des Handels in den digitalen, den Online-Bereich.
Das bedeutet für Händler wie Hersteller, sich verstärkt Gedanken zum Online-Vertrieb zu machen – zum einen weil sich das Rad nicht wieder zurückdrehen lässt und nun auch die Konkurrenz in den E-Commerce drängt, zum anderen weil die Krise längst nicht ausgestanden ist, auch wenn es zwischenzeitliche Lockerungen gibt. Wer also seinen Erfolg sichern will, muss jetzt in den digitalen Vertrieb investieren.
Im Folgenden stellen wir sieben Punkte vor, die vor und bei der Umsetzung eines eigenen digitalen Vertriebskanals zu berücksichtigen sind.
1. Betrieb / Organisation
Im E-Commerce gilt es einige Dinge zu bedenken, die im stationären Handel in der Form keine Rolle spielen. Dabei geht es nicht nur um einen tollen Online-Shop, auch die Prozesse im Hintergrund müssen funktionieren.
Je nach Branche und Produkten gibt es natürlich unterschiedliche Dinge in unterschiedlichem Umfang zu bedenken. Wir haben daher exemplarisch vier Punkte herausgegriffen, die jeder auf dem Schirm haben sollte:
- Logistik. Wie wird die Ware versendet? Gibt es eine Paketverfolgung? Wie werden Retouren behandelt, wird dabei z.B. ein Retourenschein beigelegt, werden Gründe erfasst?
- Payment. Wie können die Kunden bezahlen? Sinnvoll ist sicher eine Einbindung von Paypal als beliebtestem Zahlungsmittel. Welche weiteren Arten sollen zur Verfügung stehen?
- Rechtssicherheit. Ein sehr wichtiger Punkt, gerade in Bezug auf das Fernabsatzgesetz und Widerrufsbelehrungen. Aber auch was die DSGVO angeht, die Grundpreise oder Kennzeichnungspflichten bei Textilien, Lebensmitteln, Elektroartikeln, usw.
- Automatisierung. In einer digitalen Welt ist nahezu alles automatisierbar. Auch wenn das anfangs nicht erreicht werden wird, schafft man idealerweise bereits zu Beginn die Grundlagen dafür.
Bei Detailfragen kann in vielen Fällen die Agentur weiterhelfen, ansonsten lohnt es sich bei speziellen Fragen einen Spezialisten, wie z.B. einen Anwalt, hinzuzuziehen.
2. Vertriebsplattform
Im Prinzip gibt es zwei Wege, E-Commerce abzubilden: Marktplätze und der eigene Shop. Beides hat Vor- und Nachteile.
Der Vertrieb über einen Marktplatz ist relativ einfach und schnell gemacht. Es entstehen keine hohen Kosten und man kann direkt mit dem Online-Handel loslegen. Allerdings fällt es schwer sich von seinen Mitbewerbern abzuheben. Dazu kommt eine Abhängigkeit vom Plattformbetreiber, die sich gerade in außergewöhnlichen Zeiten, wie Krisen, negativ auswirken kann.
Bei den Markplätzen gibt es nicht nur Amazon und Ebay, sondern auch zahlreiche weitere, die zum Teil auch Nischen bedienen. Ebenfalls gibt es „transformierte“ Marktplätze, wie Zalando, Real.de oder AboutYou, auf denen man seine Produkte ebenfalls anbieten kann. Die Wahl der richtigen Plattform ist abhängig vom eigenen Sortiment und vor allem der Zielgruppe.
Will man sich von seinen Wettbewerbern abheben, so geht das langfristig nur über einen eigenen Shop. Der erfordert allerdings mehr Invest, sowohl vom Aufwand als auch von den Kosten. Wenn man E-Commerce aber wirklich ernsthaft betreiben will und dabei aktiv seine Marke mitgestalten möchte, wird man durch das richtige System mit enormer Flexibilität und zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten belohnt.
3. Shopsystem
Ist die Entscheidung für einen eigenen Shop gefallen, steht als nächstes die Auswahl der passenden Lösung an. Hier gibt es zahlreiche Systeme für jeden Anwendungsfall. Sie unterscheiden sich in den meisten Fällen durch das Hosting, ihre Features, die Flexibilität und die Skalierbarkeit. Mit einem einfachen Baukastensystem kann man in wenigen Stunden einen kleinen Shop hochziehen, doch sobald die Ansprüche steigen, muss eine flexiblere Lösung her, die dann dementsprechend auch mehr kostet.
Wir haben drei von uns favorisierte Lösung miteinander verglichen, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, sich aber auch teilweise überschneiden.
Shopify
- Software as a Service (SaaS) Lösung
- Günstige Lizenz- und Hostingkosten
- Sehr einfacher Start, keine Programmierkenntnisse nötig
- Standard-Funktionen
- Standard-Template (teilweise anpassbar)
- Gute Anbindbarkeit an Social-Media-Kanäle
- Instagram, Facebook, Google-Shopping etc.
- Buy-Button
- Flexibilität / Anpassbarkeit eingeschränkt
- Für Einsteiger in den E-Commerce gut geeignet
Shopware
- Deutsche Software
- Größtenteils wird Hosting benötigt
- Lizenz als Open-Source oder Enterprise
- Erweiterbarkeit auch ohne / mit wenigen Programmierkenntnissen
- Module & Themes
- Umfangreich erweiterbar mit Programmierkenntnissen
- Eignet sich für E-Commerce Einsteiger bis zum Mittelstand
Magento Commerce
- Internationaler Marktführer; Adobe Tochter
- Hosting
- SaaS/PaaS
- On-premises
- Umfangreicher Funktionsumfang
- Erweiterbarkeit durch zahlreiche Module, internationale Community
- Benötigt recht schnell Programmierkenntnisse / professionellen Integrationspartner
- Open-Source, Magento Commerce, Magento Commerce B2B
- Umfangreiche Erweiterungen durch Adobe-Produkte
- Eignet sich für Mittelstand bis Enterprise
4. Produktdarstellung
Gerade die Produktdarstellung und was dafür nötig ist, unterscheidet sich teilweise stark von den Anforderungen im stationären Handel.
Zunächst einmal gilt es alle Stammdaten sauber zu erfassen. Also Produktnamen, die Varianten mit Namen, Marken, Preise, Artikelnummern, Farben, Größen und weitere Variantenmerkmale. All das sorgt dafür, dass Produkte vom Kunden besser gefunden, eingeordnet und verglichen werden können. Damit das noch besser funktioniert, müssen nun weitere Informationen angereichert werden, wie z.B. beschreibende Texte. Weitere Produktinformationen können in so genannten Attributen erfasst werden. Je nach Produktkategorie gibt es wichtige Fakten, die der Kunde wissen sollte, z.B. aus welchem Material ein Produkt besteht, wie es innerhalb einer Kategorie weiter einzuordnen ist, welchem Einsatzzweck das Produkt dient und vieles mehr. All diese Attribute können später auch für Filter im Shop genutzt werden.
Wichtig sind außerdem Bilder und andere visuelle Medien, wie Videos, 360° Ansichten, usw. Ein Standardfoto ist bei den meisten Produkten ein Muss. Mit weiteren Detailansichten kann der Blick des Kunden gelenkt werden und mit Bildern des Produkts im Einsatz können Emotionen geweckt werden.
Auch weitere Assets wie PDFs von Bedienungsanleitungen oder Zertifikaten oder eine Größen-/Passformberatung sind nützliche Elemente.
5. Marketing
Der beste Shop bringt keinen Umsatz, wenn er vom Kunden nicht gefunden wird. Der Marketing Mix kann sich dabei stark von den Maßnahmen im stationären Handel unterscheiden. Gemeinsame Grundlagen sind die gute Kenntnis der Zielgruppe, wo sich diese befindet und wie man sie am besten anspricht.
Gerade im organischen Bereich kann man als Shopbetreiber viel unternehmen. Gute Inhalte werden hier belohnt und mit dem richtigen Produkt zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal zu sein, hat schon ganze Unternehmen nach vorne gebracht. Natürlich muss man aber auch Geld in die Hand nehmen, um weitere Besucher auf seine Seite zu locken. Sei es durch Suchmaschinenwerbung, Social Ads oder das Einstellen der Produkte bei Preissuchmaschinen. Im Direktmarketing werden vor allem Bestandskunden durch Mailings oder andere Kommunikationswege angesprochen. Und natürlich können auch konservative Werbeformate wie Print oder Fernsehen funktionieren.
6. Umsetzung
Wenn klar ist, wohin die Reise gehen soll, heißt es möglichst schnell in die Umsetzung kommen. Dazu ist es sinnvoll die Strategie und die Ziele klar aufzuschreiben und sich dann an eine Systemauswahl zu machen. Oft hängt davon auch ab, ob man mit einem Partner zusammenarbeitet. Auch diesen gilt es dann erstmal zu finden. Gemeinsam werden dann weitere Absprachen getroffen, z.B. wie eine Online-Produktdarstellung aussehen soll. Dann geht es an Projektplanung und -umsetzung. Je nach Anforderungen und Abhängigkeiten kann das eine Sache von wenigen Tagen sein, bei größeren Projekten sollte man aber mit mehreren Monaten rechnen.
7. Mindset
Zu guter Letzt muss mit der Digitalisierung des Geschäfts auch eine Änderung im Denken stattfinden. Digital funktioniert anders und ist viel schnelllebiger. Es gilt immer daran zu denken, dass die ganze Welt offen steht, dafür aber auch die Konkurrenz viel stärker ist. Das Mindset im E-Commerce ist daher ein anderes und daran muss sich jeder gewöhnen, der langfristig Erfolg haben will.
Fazit
Die Digitalisierung, gerade im Handel, wird sich nicht aufhalten lassen. Es lohnt sich also mit dem E-Commerce zu beginnen – ob als kleiner Ladenbesitzer oder großes B2B-Unternehmen. Worauf warten Sie noch?
Zu diesem Thema haben wir bereits ein Webinar gehalten, das wir Ihnen gerne als Videomitschnitt zur Verfügung stellen.
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