Am 1. März findet das E-Commerce Forum Karlsruhe zum Thema B2B E-Commerce und der Digitalisierung des Vertriebs statt. Einer unserer Gäste wird Lennart A. Paul von warenausgang.com und eTribes sein. Lennart gehört zu den bekanntesten B2B Experten in Deutschland und wird am 1. März auf der E-Commerce Forum Bühne stehen. Im Vorfeld des Forums haben wir ihm einige Fragen zum Thema gestellt. Seine Antworten versprechen einen umso spannenderen Eventabend mit zahlreichen Insights, den wir dieses Mal zusammen mit unseren Partner Inxmail und Claranet ausrichten.
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Hallo Lennart! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für unsere Fragen nimmst. Lass uns direkt einsteigen: Im B2B mahlen die Mühlen durchaus etwas langsamer. Wo siehst du in deiner Funktion als Berater heute noch die größten Schwierigkeiten in der Umsetzung von B2B E-Commerce- bzw. Digitalisierungsstrategien?
Es gibt da eine ganze Menge Faktoren, die zu Schwierigkeiten führen können. Ich möchte drei herausstellen. Erstens beobachte ich bei vielen Unternehmen, dass man sehr lange versucht, die richtige „Strategie“ zu finden. Bevor man losläuft möchte man am liebsten genau wissen, wo man ankommt, wo man langgeht, wie lange es dauert, was es kostet und was es bringt. Zweitens sehe ich, dass man zu wenig Zeit und Ressourcen für Projekte bereitstellt. Die Projekte sollen in der Regel von Mitarbeitern durchgeführt werden, die ihre bisherigen Aufgaben noch zu 50-100% weiter begleiten sollten. Wenn man das mal hochrechnet, benötigt man automatisch schon die doppelte oder dreifache Zeit, ein Projekt auf die Straße zu bringen. Drittens, das ist ein sehr aktueller Grund, steht den Unternehmen der eigene Erfolg im Weg. Wenn man ein Rekordjahr nach dem anderen verbuchen kann, dann kann das Unternehmen auch in der falschen Sicherheit wiegen, dass das alles einfach so weitergeht.
Gerade die fetten Jahre sollte man ja nutzen, um in die Zukunft zu investieren. Einige Unternehmen tun das mit einem eigenen Online Shop. Reicht es heute noch im B2B sein Geschäftsmodell „lediglich“ durch einen E-Commerce Kanal zu erweitern oder ist das zu kurz gedacht?
Das ist viel zu kurz gedacht. Die Erweiterung des eigenen Geschäftsmodells um einen E-Commerce Kanal dient allein maximal der Verteidigung und inkrementellen Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells. Und dann auch nur, wenn er professionell gemanaged und erweitert wird. Das ist oft nicht der Fall, der Kanal wird viel zu oft noch stiefmütterlich behandelt. Unternehmen müssen sich darüber hinaus damit beschäftigen, wie das bestehende Geschäftsmodell durch neue, digitale Geschäftsmodelle erweitert werden kann. Welche neuen Umsatzströme können erschlossen werden? Wie kann die Kundenbindung digital erhöht werden? Diese Fragen müssen Unternehmen auch beantworten. Einen Online Shop zu bauen und zu denken, jetzt sind wir digital im grünen Bereich, ist naiv.
Und was bedeutet E-Commerce für den persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Vertriebsmitarbeiter? Braucht es diesen dann überhaupt noch oder welche Rolle sollte zukünftig der Kundenberater übernehmen?
Natürlich braucht es den persönlichen Kontakt noch. Die Frage ist, welche Kontaktpunkte noch digital sein werden. Immer dort, wo eine digitale Lösung einfacher und bequemer ist, als der persönliche Kontakt, wird sie in Zukunft stärkere Nutzung erfahren. Im persönlichen Kontakt werden auch noch über längere Zeit komplexere Service-, Beratungs- und Anwendungsfälle gelöst werden. Als Kundenkontaktpunkt ist persönlicher Kontakt vor Ort weiterhin einer der wichtigsten. Die Rolle wird sich aber dahingehend ändern, dass Vertriebsmitarbeiter idealerweise immer stärker in die Wertschöpfung der eigenen Kunden eingebunden sind. Daher müssen Sie ihre Kunden verstehen. Der Job wird an sich komplexer, die Anforderungen an „gute“ Vertriebler steigen. Klassisch Produkte zu verkaufen wird nur noch ein kleiner Teil der Wertschöpfung des Vertrieblers sein.
Wie siehst du die Rolle der B2B Marke und welche Auswirkungen haben und werden Plattformen wie Amazon Business auf die Markenführung haben, wenn der Kundenzugang zunehmend von ihnen besetzt wird und sie direkt mit den Herstellern kooperieren?
Die Bedeutung der Marke an sich nimmt ab. Ich glaube, dass schon heute viele Unternehmen die Bedeutung ihrer Marke überschätzen. Diese Naivität bezahlen Unternehmen zukünftig noch schmerzlicher. Obwohl ich im B2B die Bedeutung von Marken generell höher einschätze als im B2C. Doch gerade bei Produkten, die man als „Commoditites“ bezeichnet, sieht man auf Plattformen wie Amazon eine recht deutliche Entwicklung, dass man als Marke keinen Vorschuss bekommt, was die Gunst der Kunden angeht. Daher ist es für Hersteller wichtig, Wege zu finden, wie man im relevant Set der Kunden bleibt. Einerseits muss man daher auch auf Amazon aktiv sein, Content optimieren und die Marketingmöglichkeiten ausnutzen, andererseits muss man sich gut überlegen, wie man darüber hinaus direkt an den Endkunden herankommt, gerade im B2B.
Wie lautet dein bisheriges Fazit zu Amazon Business und seine Auswirkungen auf den Markt. Fluch oder Segen? Und für wen?
Für alle, die nicht erkennen, dass es ein Game Changer für viele, viele B2B Branchen und Handelsströme ist, wird Amazon Business ein Fluch sein. Für alle, die es schaffen, sich früh, also jetzt, die nötigen Kompetenzen aufzubauen, wird es eher ein Segen sein. Das gilt für Händler, als auch für Hersteller und für beide Seiten gibt es bereits positive Beispiele. Aktuell sind die Auswirkungen von Amazon Business auf den Markt noch nicht so extrem sichtbar, was das mediale Echo oft ungerechtfertigt erscheinen lässt. Amazon lernt extrem schnell und setzt Gelerntes sehr schnell in die Praxis um. Sie haben keinen „Druck“, sondern können recht stoisch ihren Weg gehen. Da werden noch einige Überraschungen auf uns zukommen.
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