Christian Hagemeyer: „Daten sind das Öl des 21. Jh.“

von | Nov 17, 2015 | E-Commerce Forum Karlsruhe, E-Commerce Marketing | 0 Kommentare

Unser zweiter Referent beim 23. E-Commerce Forum heißt Christian Hagemeyer und ist Managing Director bei der Econda GmbH. Auch ihn haben wir im Vorfeld des Events zum Thema „Personalisierung im E-Commerce“ interviewt. Wie Sabrina Janßen sieht er die Zukunft des E-Commerce in personalisierten Omnichannel-Konzepten.  

Ralf Theis: Hallo Herr Hagemeyer, wie würden Sie Personalisierung im E-Commerce definieren? Was gehört da alles Ihrer Meinung nach dazu?

Christian Hagemeyer: Personalisierung hat die verschiedensten Facetten, das beginnt bei einfachen Sortimentsempfehlungen und führt hin bis zu komplett auf den Käufer abgestimmten Produkt- oder Content-Empfehlungen, die mit der Kundenhistorie aus CRM oder Offline-Kanälen angereichert werden können.

Die grundlegenden Ziele haben jedoch alle Personalisierungsmaßnahmen gemein: Mehr Anreize zum Stöbern und Verweilen auf der Website, eine stärkere Kundenbindung sowie eine verbesserte Custo­mer Experience. Für den Händler bedeutet dies höhere Warenkörbe und größere Umsätze.

Gehen Sie nicht auch lieber in den Laden um die Ecke, wo der Verkäufer Sie kennt und individuell berät und bedient?

Ralf Theis: Ich kaufe mehr, wenn ich persönlich bedient werde. Das fällt mir persönlich immer wieder auf. Ob ich das mag oder nicht, darüber bin ich mir nicht ganz so sicher.

Aber wie schaffe ich es denn, schon bevor der Kunde auf den Shop kommt, seine Intention zu erkennen und diese demensprechend mit personalisierten Inhalten abzufangen?

Christian Hagemeyer: Grundsätzlich ist für jegliche Form der Personalisierung ein umfangreiches Tracking unabdingbar. So können die Vorlieben des Kunden über die Besuche und Geräte hinweg getrackt werden und darauf basierend Empfehlungen ausgespielt werden.

Empfehlungen für noch unbekannte Kunden ohne Besuchs-oder Kaufhistorie sind mithilfe von voreingestellten Business Rules wie Topseller, Artikel im Sale o.ä. möglich.

Zu spezifische Empfehlungen bei unbekannten Kunden können jedoch auch den gegenteiligen Effekt haben und die Breite des Sortiments einschränken und die Kunden vom Stöbern im Sortiment abhalten.

Ralf Theis:  In der aktuellen Kaufland TV-Werbung erkennt das Kassenlaufband an den Produkten den Kunden. Der Witz entsteht als die Produkte zweier unterschiedlicher Kunden ohne den Warentrenner vermischt werden und das Bild der Rocker-Oma mit der Bikerjacke entsteht. Haben die Algorithmen nicht das gleiche Problem, wenn mehrere User das gleiche Endgerät benutzen? Gibt es einen solchen Warentrenner auch für Webseiten?

Christian Hagemeyer: Sie schauen noch TV? Produktempfehlungen werden aufgrund des Userverhaltens auf der Website ausgespielt. Nutzen nun zwei unterschiedliche Personen das gleiche Endgerät oder den gleichen LogIn, ist eine „Aufsplitung“ der Recommendations nicht ohne weiteres möglich.
Aber ist dieses „Problem“ überhaupt signifikant? Erledigt sich das Thema nicht von alleine? Mobile first … wie viele Menschen kennen Sie, die sich ein Mobiledevice „teilen“?

Ralf Theis: Ja, tatsächlich schaue ich immer noch fern 😉 und „Mobile first“ stimme ich definitiv zu, auch wenn ich mir beispielsweise ein Tablet mit meiner Partnerin teile und ich noch weitere Paare kenne, die das ähnlich handhaben.

Eines der Themen bei der Personalisierung ist Individual Pricing. Das kann positive Effekte auf das Kaufverhalten haben, sonst würde man es nicht einsetzen. Aber kann das nicht auch der Glaubwürdigkeit eines Unternehmens oder einer Marke schaden?

Christian Hagemeyer: Individual Pricing ist ein umstrittenes Thema und kann, wie aktuell im Falle von Amazon, für Negativpresse sorgen. Grundsätzlich raten wir zu einem geschickten Umgang mit Empfehlungen und Regelwerken, der Kunde soll durch individuelle Personalisierung ein gesteigertes Einkaufserlebnis geboten bekommen und sich zu keiner Zeit überwacht oder bevormundet fühlen.

Ralf Theis: Wenn Sie den Blick in die Zukunft wagen, wie sehen dann Ihrer Meinung nach die Online Shops in 5 Jahren aus? Wird jeder Kunde schon seinen eigenen virtuellen Shopping-Assistenten haben?

Christian Hagemeyer: Personalisierung wird in Zukunft ein absolutes „must have“ für Online-Shop-Betreiber sein, um Kunden zu binden, zu begeistern und sich vom Wettbewerb abzuheben. Eigentlich sollte es das heute schon sein, um nicht weitere Marktanteile an datengetriebene Branchenriesen zu verlieren.

Der Trend wird sicherlich weiter in Richtung personalisierter Templates oder ganzer Shops gehen, in denen neben Produkt-oder Content-Empfehlungen auch ganze Navigations- oder Filter-Bereiche individuell ausgespielt werden.

Beratung und individuelle Empfehlungen werden den Kunden zukünftig in gleichbleibend guter Qualität kanalübergreifend zur Verfügung stehen. Hierzu gibt es im Übrigen heute schon innovative Lösungen wie die der www.poseidon.digital, wo erstmals auch die Fläche von diesen „online Kompetenzen“ profitieren kann. Individuelle Ansprache durch Assisted Shopping und Kauf-Berater im Shop sind erste Ansatzpunkte, die sicherlich weiter ausgebaut und für Erfolg im E-Commerce sorgen werden.

Erlauben Sie mir zusätzlich einen Tipp für die Zukunft:
Völlig blauäugig stellen Unternehmen heute Ihre Datenbasis (aus Web, CRM, usw.) Drittanbietern freiwillig zur Verfügung (z. B. google oder facebook,) um damit u.a. ein schärferes Targeting im Marketing zu ermöglichen. Nebeneffekt: Sie verschenken das Wissen über Ihre Kunden und deren Präferenzen und machen die „Großen“ immer schlauer.
Bei nahezu jedem Kontakt mit Menschen werden mittlerweile Daten generiert – jedes Mal, wenn jemand Ihre Website besucht, ein Produkt in den Warenkorb legt, ein Whitepaper herunter lädt, Ihre App benutzt, in Ihrem Call Center anruft oder in einer Filiale einkauft oder Ihre digitale Werbung sieht – werden Daten erfasst.
All diese Daten, die von den Unternehmen erfasst werden, sind ein Abbild der Menschen: Sie zeigen ihre Verhaltensweisen, Vorlieben, Bedürfnisse.
Die Investition in eine bessere Nutzung dieser Daten bietet die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen den Menschen und Unternehmen sowie zwischen dem Kunden und der Marke zu verbessern.
Viele Menschen sorgen sich zu Recht um die Sicherheit ihrer personenbezogenen Daten und wie diese von Unternehmen gehandhabt werden. Mit einem einzigen, integrierten Service in einer Data Management Platform (DMP) können Unternehmen eindeutige Richtlinien dazu festlegen, welche Art von Daten in die DMP aufgenommen werden dürfen. Damit kann das Vertrauen der Kunden in den Datenschutz gestärkt werden. Ein wichtiger Punkt für alle Unternehmen, die sich beim Daten-Management kundenorientiert und datenschutzkonform ausrichten.
Personalisierung bedeutet Mehrwert für den Kunden. Ein Mehrwert für den Kunden ist auch der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Profilinformationen.

„Daten sind das Öl des 21. Jh.“ heißt es heute … „Wissen ist Macht“ hieß es früher.
Verschenken Sie nichts und nutzen Sie das Wissen verantwortungsvoll – Ihre zukünftige BWA als auch Ihre Kunden werden es Ihnen danken.

Ralf Theis:  Vielen Dank für das ausgiebige Gespräch! Wir wünschen Ihnen noch eine gute Zeit bis zum Forum und freuen uns, Sie am 26. November beim #ecommka bei Flagbit begrüßen zu dürfen.

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