Seit Dienstag ist bekannt, dass Amazon daran arbeitet, sein eigenes Modelabel zu gründen. Damit möchte das Unternehmen auf die große Nachfrage nach Kleidern bei Amazon Fashion reagieren. Ob man dafür seine eigene Modelinie braucht, ist allerdings die Frage.
Auch das noch. Jetzt will Amazon auch noch die Modewelt dominieren. Gut, das ist nicht erst seit Dienstag bekannt. Seit mehreren Jahren investiert das Unternehmen bereits in den Ausbau seines Modemarktplatzes, der als Amazon Fashion bekannt ist. Und jetzt der Vorstoß zum eigenen Modelabel. Da sich viele Markenhersteller aus dem Bereich Fashion weigern würden, eine Kooperation mit Amazon einzugehen und es daher zu Lücken im Sortiment kommt, möchte man nun mit einem eigenen Modelabel darauf reagieren. Das ließ der stellvertretende Leiter der Amazon-Fashion-Abteilung Jeff Yurcisin am Dienstag auf der WWD in New York verlauten. Amazon möchte damit langfristig auf die wachsende Nachfrage reagieren.
Lebensmittel und Mode – diese beiden Bereiche hat Amazon als Wachstumschance für die Zukunft ausgemacht. Daher auch der Plan eigene Lebensmittelmarken zu entwickeln. Die Entwicklung einer eigenen Modelinie dürfte da allerdings eine besondere Herausforderung darstellen, ist doch der E-Commerce-Gigant nun mal nicht die erste Anlaufstelle in Sachen Mode. Und das hat auch seine Gründe. Viele Marken weigern sich, ihre Produkte über Amazon zu vertreiben, weil es dem Marktplatz weniger um Präsentation und Betreuung geht als vielmehr die Pflege des Niedrigpreis- und Convenience-Images gehe. Es ist ein Warenumschlagsplatz und keine Boutique, und das ist genau der Punkt.
Mode braucht das Markenerlebnis
Mode lebt von der Marke und dem Markenerlebnis. Dazu gehört auch die Shopping Experience online, wie es beispielweise Curated-Shopping-Modelle beweisen. Bei Amazon hat man da nur den Eindruck, man kaufe von der Stange. Deshalb ist es absolut verständlich, dass sich viele Modemarken in der Zwickmühle fühlen. Natürlich bietet Amazon die besten Distributionswege, aber man muss auch berücksichtigen, dass genau das im Modebereich nicht alles ist. Es geht um ein Markenerlebnis, das über Amazon Fashion bisher nicht geboten wird. Da besteht die berechtige Frage nach dem Imageschaden für die Marke, wenn sie ihre Produkte derart billig und einfallslos über einen Marktplatz vertreibt. Dabei hätte Amazon beste Voraussetzungen genau das umzusetzen. Man besitzt eine riesige Datenbank von Millionen von Kunden, ein exzellentes Logistiknetzwerk und hervorragende technische Voraussetzungen, um ein personalisiertes Shopping-Erlebnis zu ermöglichen. Sicherlich stellen Kleider ganz andere Anforderungen an Recommendation Engines als Bücher, aber wer wenn nicht Amazon hätte da die finanziellen Möglichkeiten, um sich darauf einzustellen.
Eine eigene Amazon Modemarke ist natürlich eine Investition für die Zukunft und ein Druckmittel für die etablierten Marken, sich auf eine Kooperation mit Amazon einzulassen. Ich halte das dennoch für äußerst fragwürdig, ob man sich im Modebereich mit seiner eigenen Amazon Marke positionieren kann. Das Image des Warenlagers und Billiganbieters wird man, glaube ich, so nicht loswerden. Man wird ein Convenience-Produkt und damit austauschbar. Amazon wird damit natürlich Umsatz generieren, denn Kunden lassen sich für diese Artikel finden. Aber man wird den Aufstieg zur erlebbaren Marke wohl eher nicht bewältigen. Will man wahrscheinlich auch gar nicht. Es sei denn, und das ist Amazon durchaus zuzutrauen, man schafft es, dieses Online-Shopping-Erlebnis zu erzeugen und sich in diesem Segment vom Niedrigpreis-Image zu distanzieren. Aber dann könnte man solche Bedingungen auch gleich den Topmarken anbieten. Und das würde aus meiner Sicht einfach viel mehr Sinn ergeben.
(Screenshots: Amazon Fashion)
0 Kommentare