Als Gast für das 24. E-Commerce Forum Karlsruhe haben wir Alain Veuve (Managing Director bei AOE Switzerland) gewinnen können. Auf seinem Blog www.alainveuve.ch beschäftigt sich Alain intensiv mit der Digitalen Transformation und Perpetual Disruption. Wir haben ihm, wie all unseren Referenten im Vorfeld des E-Commerce Forums, ein paar Fragen zum Thema gestellt. Im Interview erklärt er uns, warum Omnichannel aus seiner Sicht alternativlos ist und wo die Gründe für die bisher schleppende Umsetzung liegen.
Ralf Theis: Hallo Alain. Vielen Dank, dass wir Dich am E-Commerce Forum Karlsruhe als Referenten begrüßen dürfen und Du Dich für dieses kurze Interview bereiterklärt hast. Steigen wir gleich ins Thema ein. Welches sind denn für Dich die Hauptargumente, die für die Umsetzung von Omnichannel-Konzepten sprechen? Warum lohnt sich der Aufwand?
Alain Veuve: Hallo Ralf, es freut mich dabei sein zu können am E-Commerce Forum Karlsruhe. Zur Frage: Ich denke sie stellt sich so gar nicht, denn die Händler haben keine Alternativen. Mittlerweile haben wir ja alle erkannt, dass es so etwas wie den „online-only“ oder den „offline-only“ Kunden de Fakto nicht gibt. Also gilt es da zu sein, wo der Kunde in Berührung mit der Brand oder dem Retailer kommt.
Ralf Theis: Es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Maßnahmen, wie Omnichannel umgesetzt werden kann und in der Praxis schon umgesetzt wird. Das ist natürlich auch mit einem Investitionsaufwand verbunden. Welche Anforderungen siehst Du als unabdinglich, damit Omnichannel funktioniert?
Alain Veuve: Es wird viel zu viel „theorisiert“. Natürlich sollte man einen gewissen roten Faden haben, aber ich erlebe in der Praxis immer wieder, dass die Retailer gut daran tun mit den Kunden zusammen Lösungen zu entwickeln. Meistens kann man bei kleinen Problemen der Kunden im Umgang mit dem Retailer viel bewegen – sprich die Customer Experience stark verbessern. Meist ist das nicht so teuer und bringt eben sehr viel. Was natürlich stimmen muss, und das muss es so oder so, ist die technische Grundlage, der Backbone. Ist das noch nicht vorhanden, müssen diese Hausaufgaben zuerst gemacht werden.
Ralf Theis: Wir sprechen über digitale Touchpoints in den stationären Läden und an anderen Orten der „realen“ Welt (z.B. Amazon Touchscreens in der New Yorker Underground etc.) zeichnet sich mit Omnichannel das Verschwinden des Internets aus unserer Wahrnehmung, so paradox das vielleicht auch erst einmal klingen mag, schon ab?
Alain Veuve: Ja, zumindest sind das erste Schritte in diese Richtung. Eine meiner Thesen lautet, dass das Internet, wie wir es kennen, verschwinden wird. Also mit Browser, Apps etc. – sprich der bewusste Umgang mit dem Internet. Vor noch nicht so langer Zeit sind wir „ins Internet gegangen“ und haben uns danach wieder davon getrennt. Heute ist das längst Geschichte. Sobald die Devices immer intelligenter werden, also unser Handeln ohne unseren Input so unterstützen, wie wir es gerne haben, benötigen wir das Internet, wie wir es heute kennen, nicht mehr. Das heißt nicht etwa, dass es technisch verschwinden wird. Im Gegenteil es muss massiv ausgebaut werden.
Ralf Theis: In deinem Artikel zu „Und sie digitalisiert sich doch, die Digitalbranche“ schreibst Du, dass große Konzerne nie in der Lage sind, echte Paradigmenwechsel zu vollziehen. Du beziehst das zwar in diesem Fall auf die Softwarebranche, aber ist das nicht auch ein Grund für die schleppende und oft auch unzulängliche Umsetzung von Omnichannel-Konzepten. Oder wo siehst Du das Hauptproblem?
Alain Veuve: Ich bin mir nicht sicher, ob das eine, also das Hervorbringen von grundlegend neuen Geschäftsmodellen (Paradigmen-Wechsel) und die unzulänglichen Omni-Channel Konzepte so viel miteinander zu tun haben. Denn die Omni-Channel Konzepte sind in der Regel eine „Digitalisierung“ des bestehenden Geschäfts. Das ist ja auch ok im Moment. Warum diese vielfach so schlecht sind, liegt meiner Meinung nach vor allem an zwei Faktoren: Zum einen richten sich die Merchants viel zu wenig an den Kundenbedürfnissen aus. Anstatt die Kunden zu fragen, was sie besser machen sollen, verlassen sie sich auf Trends oder darauf wie es die Konkurrenz macht.
Zum anderen treffe ich in vielen Unternehmen oft einfach einen unglaublichen Investitionsrückstand in der IT an. Damit meine ich nicht alte Software, sondern ein veraltetes Architekturverständnis. Meist ist es eine Architekturlandschaft aus x-Systemen, die es den Unternehmen verunmöglicht flexibel zu sein. Agilität aber ist in der IT ein Riesenthema, das aber meist noch komplett verschlafen wird. Flexibilität in der IT ist daher einer der Grundpfeiler für eine gute Omni-Channel Customer Experience.
Ralf Theis: Vielen Dank für das interessante Gespräch und diese ersten Eindrücke vom Thema. Wir sehen uns am Dienstag, den 26. Januar 2016 beim 24. E-Commerce Forum.
Anmeldungen nehmen wir auf www.ecommka.de entgegen.
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